Wie schütze ich meinen Keller vor Überflutung durch Rückstau aus der Kanalisation?
Wann und wodurch entsteht ein Rückstau in der Kanalisation?
Bedingt durch den Klimawandel nehmen Starkregenereignisse zu und führen sehr oft zu Überlastungen des Kanalsystems. Somit können auch bisher noch nicht betroffene Kellerräume überflutet werden. Hausbesitzer:innen sollten dieses Thema daher sehr ernst nehmen.
Im ländlichen Raum wird Abwasser vielfach getrennt über Schmutzwasserkanäle abgeleitet, Regenwasser vor Ort versickert oder wird durch einen eigenen Regenwasserkanal entsorgt. Allerdings kann auch bei diesen Trennsystemen Regenwasser durch unzulässige Fehlanschlüsse (z. B. die Einleitung von Dachflächen- oder Oberflächenwasser, Drainagen etc.) in die Schmutzwasserkanalisation eindringen.
Das Kanalsystem ist nicht darauf ausgerichtet, Starkregen aufnehmen zu können. In diesen Fällen muss mit einer Überlastung des Kanalnetzes gerechnet werden. Wesentlich ist, dass jede:r Eigentümer:in selbst dafür zu sorgen hat, dass Räume, die unter der Rückstauebene liegen, gegen eindringendes Abwasser gesichert werden.
Unabhängig von Regenfällen kann auch aufgrund von Verstopfungen durch Fremdkörper oder Rohrbruch im Kanalsystem der Abfluss von Abwasser behindert werden und somit ebenfalls zu Rückstau im Kanalsystem führen.
Wer ist davon betroffen?
Jede:r, der Wohn- oder Kellerräume unter der Rückstauebene hat, kann von einem Rückstau betroffen sein.
Sind Gebäude nur ungenügend gegen Rückstau aus dem Kanal gesichert oder vorhandene Rückstausicherungen nicht funktionsfähig, kommt es vor allem bei Starkregenereignissen zu Überflutungen in tieferliegenden Wohn- oder Kellerräumen.
Das über WCs, Waschbecken, Gullys oder Waschmaschinen eindringende Wasser führt oft zu großen Sachschäden an Heizsystemen, elektrischen Anlagen, Haustechnik etc.
Was ist die Rückstauebene?
Die Rückstauebene ist der höchstmögliche Stand des Abwassers im Kanalsystem. Sie definiert somit die höchste Ebene, bis zu der das Wasser im Haus bzw. Keller ansteigen kann.
Als maßgebende Rückstauebene gilt die Straßenoberkante + 15 cm an der Anschlussstelle des Hauskanals (Hausanschlussschacht), wenn nichts anderes festgelegt ist.
Wie kann ich mein Eigenheim schützen?
Alle Räume, die unter der Rückstauebene liegen, müssen gegen eindringendes Abwasser aus dem Kanal mit einer Rückstausicherung geschützt werden.
Die Hauseigentümer:innen sind in eigener Verantwortung dazu verpflichtet, alle Ablaufstellen unterhalb der Rückstauebene gemäß ÖNORM B2501 mit geeigneten Sicherungen zu versehen und diese betriebsfähig zu halten.
Innerhalb von Gebäuden müssen Reinigungsöffnungen unterhalb der Rückstauebene dauerhaft druckdicht sein.
Hebeanlage
Sobald in tieferliegenden Räumen Abwasser aus WC-Anlagen, Duschen, Waschbecken, Waschmaschinen etc. anfällt, muss es mittels einer Abwasserhebeanlage (kleines Pumpwerk) über die Rückstauebene gehoben werden. Hebeanlagen schützen grundsätzlich am besten gegen Rückstau.
Bei unterhalb der Rückstauebene liegenden Kellerabgängen, Lichtschächten, Hofflächen oder Garageneinfahrten, von denen das Niederschlagswasser nicht abfließen kann, ist eine Entwässerung über eine automatisch arbeitende Abwasserhebeanlage erforderlich!
Rückstauklappe
Bei Einfamilienhäusern können auch Rückstauklappen Abhilfe schaffen, diese müssen aber regelmäßig gewartet werden.
Rückstauklappen dürfen bei Abwasserleitungen mit angeschlossenen WC-Anlagen nur dann eingesetzt werden, wenn z. B. im Einfamilienhaus oberhalb der Rückstauebene ein weiteres WC mit direktem Anschluss in den Kanal vorhanden ist. Denn bei Rückstau aus dem Kanal schließt die Rückstauklappe und daran angeschlossene Ablaufstellen können nicht benutzt werden, da das Abwasser nicht abfließen kann!
Einzelne, selten benützte Ablaufstellen, wie z. B. Bodenabläufe, können mit Rückstauklappen gesichert werden.
Rückstausicherungen sind nur dann wirksam, wenn sie fachgerecht installiert und regelmäßig gewartet werden. Die Wartungs- und Bedienungsanleitungen der Hersteller sind zu beachten!
Für eine fachgerechte Planung und Installation wenden Sie sich an Ihre Ziviltechniker:innen, Baumeister:innen oder Installateur:innen.
Tipps zur Hochwasserprävention
- Prüfen Sie zunächst, ob Ihre Vorsorgemaßnahmen ausreichen.
- Überprüfen Sie Rückstauklappen im Keller, bevor das Wasser gestiegen ist. Halten Sie sich während des Hochwassers nicht im Keller auf, das ist lebensgefährlich.
- Dichten Sie Fenster und Türen sowie Abflussöffnungen ab.
- Schalten Sie elektrische Geräte und Heizungen in Räumen, die volllaufen können, ab. Denken Sie an die Stromschlaggefahr. Schalten Sie den Strom gegebenenfalls komplett aus (Sicherung raus).
- Achtung! Tiefgaragen können bei Hochwassergefahr zu tödlichen Fallen werden.
- Fahren Sie nicht durch überflutete Straßen. Wasser im Motorraum macht viel kaputt.
- Helfen Sie anderen, aber bringen Sie sich nicht selbst in Gefahr.
- Bringen Sie Kinder vor Eintritt der Gefahr aus dem Überschwemmungsgebiet in Sicherheit.
- Betreten Sie keine Uferbereiche wegen der Gefahr von Unterspülungen oder Abbrüchen. Überflutete oder teilüberflutete Straßen dürfen nicht befahren werden.
- Beachten Sie die Anweisungen und Absperrungen der Einsatzkräfte.
Wenn ein Hochwasser angekündigt wurde, das auch Sie betrifft, sollten Sie handeln:
- Besorgen Sie zum Schutz Sandsäcke, Schalbretter, wasserfeste Sperrholzplatten und Silikon.
- Schauen Sie, dass gefährliche Stoffe oder Chemikalien nicht vom Wasser erreicht werden können.
- Bringen Sie wertvolle Möbel oder Geräte wie Computer etc. in die oberen, hochwassergeschützten Räume.
- Sichern Sie den Heizöltank gegen den Auftrieb durch das Wasser, indem Sie ihn z. B. an der Wand verankern oder mit Ballast beschweren.
- Überprüfen Sie Ihre Vorsorgemaßnahmen. Haben Sie alles Nötige im Haus?
- ausreichend Lebensmittel und Trinkwasser
- ein batteriebetriebenes Radio oder ein Kurbelradio
- eine Taschenlampe
- einen Campingkocher
- eine Campingtoilette
- Halten Sie Ihre Dokumentenmappe und Ihr Notgepäck bereit.
- Denken Sie auch an Insektenschutzmittel, falls sich nach Rückgang des Hochwassers Mücken und andere Schädlinge im Haus verbreiten.
- Räumen Sie die Kellerräume, in die Grundwasser eindringen kann oder die volllaufen können, aus.
Vertrauen Sie auf Expert:innen!
Gegen steigenden Rückstaupegel hilft nur eines: rechtzeitig vorsorgen – technisch, rechtlich und baulich. Ziviltechniker:innen nehmen in diesem komplexen Zusammenspiel aus Planung, Technik und Recht eine zentrale Rolle ein. Als unabhängige, gesetzlich befugte Expert:innen unterstützen sie die Kanalbetreiber wie Gemeinden und Verbände ebenso wie private Bauherr:innen dabei, Rückstaurisiken auf Basis der örtlichen Gegebenheiten korrekt einzuschätzen, geeignete Schutzmaßnahmen zu planen und rechtlich belastbare Lösungen umzusetzen. Ihre Unabhängigkeit stellt sicher, dass sie ausschließlich im Interesse der Sicherheit und des Projekterfolgs handeln – nicht im Auftrag von Herstellern oder Bauunternehmen.
Für Häuslbauer:innen gilt insbesondere:
Entwässerungseinrichtungen unterhalb der Rückstauebene dürfen nur mit entsprechender Sicherung betrieben werden. Rückstausicherungen müssen regelmäßig gewartet werden – und wer umbaut, sollte die Entwässerungssituation neu bewerten lassen. Auch wer in ein bestehendes Gebäude einzieht, sollte sich genau informieren: Oft sind vorhandene Schutzvorkehrungen nicht bekannt, unzureichend oder nicht mehr funktionsfähig. Frühzeitige Beratung durch Planer:innen, wie etwa Ziviltechniker:innen für z. B. Bauwesen oder Kulturtechnik, kann Schäden verhindern und rechtliche Auseinandersetzungen vermeiden.
Auch Gemeinden stehen in der Verantwortung, Schutzmaßnahmen zu ergreifen, um Haftungsrisiken zu verringern. So können sie bei Neubauten Rückstauklappen Typ 3 oder Pumpwerke sowie bestimmte Anschlussbedingungen im Baubescheid verbindlich festlegen. Rückstauschutz ist ein wichtiger Bestandteil moderner Entwässerungsplanung. Damit entsprechende Maßnahmen aber auch rechtlich wirksam und technisch richtig umgesetzt werden, braucht es eine sorgfältige Abstimmung zwischen Planung, Genehmigung, Ausführung und den Nutzer:innen.
Wer neu baut oder umbaut, sollte sich frühzeitig bei der Gemeinde oder bei einer fachkundigen Planerin bzw. einem Planer – etwa einer Ziviltechnikerin oder einem Ziviltechniker – beraten lassen. So lassen sich Risiken vermeiden, bevor sie entstehen.
Eine gute Planung schützt nicht nur Gebäude, sondern auch Nerven – und hilft, teure Schäden sowie langwierige Streitigkeiten zu vermeiden.
Ziviltechnikerverzeichnis: ziviltechniker.at
Mehr Infos: sued.zt.at
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